Hindernisse meistern, Mitarbeiter motivieren – Wie Sie Widerstand im Change-Prozess als treibende Ressource nutzen

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Widerstand in Veränderungsprozessen ist normal

Eine erfolgreiche Change-Story wird immer von den Gewinner*innen geschrieben, nämlich von denen, die Lern- und Veränderungsprozesse anstoßen, neue Ideen vorantreiben und hochgesteckte Ziele verfolgen. Scheitert ein Change-Projekt, ist der ambitionierte Change-Manager der Verlierer der Geschichte und jene, die an altbewährten Mustern und Traditionen festhielten, werden den Sieg für sich verbuchen.

Damit entsteht häufig ein Spannungsverhältnis zwischen den Kreativen und Begeisterten auf der einen Seite, die angesichts der Veränderungen in ihrem Umfeld radikale Innovationen verfolgen sowie neue Prozesse definieren. Auf der anderen Seite stehen die Konservativen und Zurückhaltenden, die das Bestehende wahren, sich auf die kontinuierliche Verbesserung bewährter Prozesse konzentrieren und Veränderungen vor allem mit Widerstand begegnen.

Wie sich Widerstand durch Change Management positiv nutzen lässt

Widerstand gehört jedoch zu jeder großen Veränderung, denn die unbewusste innere Prüfung auf Bedrohung in neuen Situationen ist ein menschlicher Urinstinkt. In Change-Projekten wird Widerstand oft als störend empfunden und als Abwehrverhalten oder Lernunwilligkeit eingestuft. Dabei hat Widerstand auch im Change Management eine sinnvolle Funktion, denn:

  • Er schützt vor vorschneller Vereinnahmung und kann damit die Basis für die Zielerreichung von Projekten sein. Nicht jede Veränderung muss eine Verbesserung sein.
  • Er zeigt Interesse und Betroffenheit der Mitarbeiter an den Veränderungen im Unternehmen. Daher sollte nicht das Auftreten von Widerstand, sondern dessen Ausbleiben misstrauisch machen.
  • Widerstand lässt sich als Informationsquelle nutzen, denn er gibt Auskunft über die Bedürfnisse und Wünsche der Beteiligten.
  • Oft sind es gerade diejenigen, die nicht den vorgegebenen Pfaden folgen, die innovative Lösungen finden. Sicherlich gilt das nicht für jede kritische Stimme im Projekt; trotzdem sollte dieses vorhandene Potenzial im Hinterkopf behalten werden.

Gerade in konflikthaften Phasen eines Change-Projekts machen Führungskräfte oft den Fehler, berechtigte Einwände als Widerstand zu missdeuten. Hier ist es wichtig, den Unterschied zwischen berechtigten Einwänden und Widerstand mit vorgeschobenen Argumenten zu klären. Während vorgeschobene Argumente mal diese und mal jene Position annehmen und eigentlich schon ausdiskutierte Themen mit geringfügigen Veränderungen wieder auf den Plan rufen, äußern berechtigte Einwände konstruktive Kritik, die auch nach einiger Diskussionsdauer noch Bestand hat.

Was es in Change-Projekten zu lernen gibt

Werden die positiven Effekte nicht genutzt, wirkt sich Widerstand in Change-Prozessen aber vor allem negativ auf die Veränderungsprozesse aus. Er manifestiert sich zum Beispiel in mangelnder Kooperation in Workshops, verdeckter Kritik, Aufbau von Konfliktherden, Abkapslung von Projektgruppen oder übermäßigen Fokus auf Risiken gegenüber Chancen.

Zeichnen sich zögerliche oder deutlich kritische Haltungen bei Projektbeteiligten ab, ist eine schnelle Klärung derer Sorgen, Wünsche und Motive unerlässlich für den Erfolg eines Veränderungsprojektes. Dabei ist ein respektvoller Umgang mit den Betroffenen und die Verteilung konstruktiver Rollen und Aufgaben wichtig. Die Führungsebene muss hier die Verantwortung übernehmen, einen pragmatischen Konsens zwischen Widerstand und der Freude über Veränderung herstellen und gemeinsame Lernprozesse anstoßen.

Wichtig ist zu verstehen, dass alle Parteien im Change-Projekt in gleicher Weise Lernpotenziale ausschöpfen sollten. Mitarbeiter*innen, die dem Change-Prozess kritisch gegenüberstehen, müssen sich angewöhnen, ihre Kritik konkret zu formulieren und konstruktiv einzubringen. Außerdem werden Sie nicht umhinkommen, aus ihrer Komfortzone zu treten und Innovationen auszuprobieren. Mitarbeiter*innen, die innovative Ideen vorantreiben und den Change-Prozess mitgestalten wollen, müssen verstehen, wie sie ihre Visionen verkaufen, den Nutzen verständlich aufzeigen und Kritiker*innen ernst nehmen können. Ambivalente Mitarbeiter*innen, die mit aktuellen Prozessen zufrieden sind, müssen begreifen, dass es keine Sicherheit für vorhandene Strukturen gibt und dass die geplante Veränderung eine Verbesserung für sie mit sich bringt. Neue Mitarbeiter*innen müssen lernen, Respekt für vorhandene Kompetenzen zu zeigen, die Erfahrungen alteingesessener Mitarbeiter*innen für sich zu nutzen und mit diesem Wissen Erfolge weiter aufzubauen. Nicht zuletzt liegt der Erfolg in der Erkenntnis, dass lernen im Change-Prozess eine Gemeinschaftsaufgabe ist.

7 Praxistipps: Wie Sie dieses Wissen sofort für Ihr Change-Projekt nutzen können

  • Seien Sie stutzig, wenn Sie keine Kritik hören. Eine einheitliche Meinung aller Projektmitglieder ist mehr als unwahrscheinlich. Fördern Sie daher Diskussionen und Austausch zwischen den unterschiedlichen Parteien in kleinen Gruppen oder moderierten Workshops.
  • Machen Sie sich bewusst, dass die Ursache für Widerstand selten in der Sache selbst liegt, sondern oft eine persönliche verschlüsselte Botschaft ist. Versuchen Sie deshalb, die persönlichen Motive Ihrer Mitarbeiter zu ergründen, anstatt dagegen vorzugehen.
  • Stellen Sie Fragen, bevor Sie Ihre Mitarbeiter*innen vor vollendete Tatsachen stellen und planen Sie für die Kommunikation der Change-Ziele ausreichend Zeit ein. Sinnvolle Fragen können z.B. sein: „Was erhofft ihr euch von der bevorstehenden Veränderung und welche Sorgen habt ihr diesbezüglich?“, „Wie kann ich euch als Führungskraft am besten unterstützen?“ oder „Was möchtet ihr über die bevorstehende Veränderung wissen?“
  • Nehmen Sie Kontakt zu Kritiker*innen auf und reflektieren Sie deren Meinungen und Kompetenzen. Fragen Sie sich, was das Unternehmen von ihnen lernen kann und integrieren Sie den Widerstand als festen Bestandteil des Projektcontrollings. Den Verlauf des Change-Projekts auf diese Weise regelmäßig herauszufordern, kann bei der Zielerreichung unterstützen.
  • Fördern Sie immer wieder Kommunikation und Austausch mit der Praxis und stellen Sie Ihren Mitarbeiter*innen erfolgreiche Best Practices vor. Das schafft ein besseres Verständnis davon, wie sich Change-Prozesse auf den Arbeitsalltag auswirken und kann so Ängste und Widerstand lindern.
  • Nutzen Sie die Vorteile externer Berater, denn diese haben es durch ihre objektive Betrachtungsweise leichter, die oft emotional aufgeladenen Reaktionen, die im Rahmen großer Veränderungen normal sind, aufzufangen und kommen so schneller und besser ans Ziel.
  • Konflikte und Integration haben ihre Grenzen und nicht jede/r Mitarbeiter*innen kann motiviert werden, sich aktiv an Lern- und Change-Prozessen zu beteiligen. Beschäftigen Sie sich daher nicht zu lange mit dem Widerstand und passen Sie auf, dass Sie in Ihrem Tun, die motivierten Mitarbeiter nicht vernachlässigen.

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Ansprechpartner*in

Theresia Röger

Consultant - Nachhaltigkeitsmanagement

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